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Irrlehren

Vorbemerkung

Immer wieder begegne ich Menschen, die meinen, dass die katholische Kirche das Übel unserer Zeit sei. Einige von diesen, haben schlechte Erfahrungen gemacht, oder können manche Regeln oder Aussagen nicht verstehen. Einige sind überzeugte und „bibeltreue“ Christen, die aufgrund ihres Bibelverständnisses vieles an der katholischen Kirche kritisieren.

Ich selber bin zwar evangelisch getauft, aber hatte in meiner Kindheit fast keine religiöse Prägung. Erst in meiner Jugendzeit, als ich Mitglied der CVJM Pfadfinderschaft in Esslingen wurde, begann meine „religiöse Prägung“. Durch den „Miteinander – wie sonst?“ Prozess, bei dem wir aus dem CVJM Esslingen wesentlich beteiligt sind, habe ich viele katholische Christen kennen gelernt. Und ich habe einiges, was ich bis dahin als problematisch oder unbiblisch verstanden habe neu gelernt zu deuten und zu verstehen. „Theologie ist zu 80% Biografie“ sagt mein geistlicher Vater immer mal wieder und ich merke, da ist sehr viel wahres dran.

Im Folgenden will ich auf einige Vorwürfe eingehen, die mir in den letzten Monaten begegnet sind – nicht um die katholische Kirche zu verteidigen, oder mit dem Ziel zu beweisen, dass diese Dinge richtig oder im Sinne Gottes wären – sondern um andere Sichtweisen aufzuzeigen.

 Katholischer Katechismus

wichtig finde ich auch noch, zwischen den katholischen Traditionen und Brauchtümern, bzw. der Praxis der Gläubigen und der „reinen katholischen“ Lehre zu unterscheiden, wie sie im Katholischer Katechismus festgelegt ist.

Biblische Grundlage

Viele Christen, aus dem evangelikalen „Lager“ sagen folgendes:
Alles was es heute an Lehren gibt, die nicht in der Bibel zu finden sind, sind Menschenlehren; es ist Hinzugebrachtes, Verfälschtes oder Verwässertes und Gepanschtes, mit einem Wort: es sind Irrlehren.

Gal. 1,8-9 Aber so auch wir oder ein Engel vom Himel euch würde Evangelium predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht.

Paulus sagt ausdrücklich, der sei verflucht, denn Christus hat sich noch nie und wird sich auch nie zu menschlichen Verbesserungen und Korrekturen bezeugen.

Praktiken in der katholischen Kirche, die kritisiert werden

In einem mir vor kurzem „zugespielten“ Youtube Video (http://youtu.be/z0sj0fq4VHo), werden zahlreiche sogenannte Erfindungen der röm.kath. Kirche aufgezählt. Problematisch finde ich an dem Video, dass da zwar über 40 Dinge aufgezählt werden, aber oftmals völlig unklar ist, was daran nicht in Ordnung ist oder wider Gott – außer halt, dass es – zumindest nicht offensichtlich – nicht in der Bibel vorkommt.

Die Schlussaussage des Videos lautet: Ein Gelehrter hat herausgefunden, dass 75% aller Zeremonien und gottesdienstlicher Bräuche der römischen Kirche heidnischen Ursprungs sind. Das kann ich nicht überprüfen, weiß auch nicht, was diese Aussage genau aussagen soll.

Da es sicherlich ermüdend ist, zu über vierzig Aussagen aus dem Video einen Kommentar zu lesen, habe ich einige stellvertretend herausgegriffen.

Einige der genannten Erfindungen und Irrlehren und ergänzende Sichtweisen, alternative Deutungen

 Gebete für die Toten und das Zeichen des Kreuzes

Tatsächlich steht beides nicht in der Bibel. Da Gott aber zeitlos ist, und die Bibel berichtet, dass Jesus im Reich der Toten war (nach seinem Tod und vor seiner Auferstehung) ist es denkbar, dass es möglich ist, dass auch Tote noch das Evangelium hören und annehmen können. Was verliere ich, wenn ich es tue? Gott wird das tun, was gerecht ist.

Beim Kreuzeszeichen ist es wie mit vielen Symbolen – es kommt drauf an, wozu man sie nutzt. Wer es als mystische Handlung versteht, liegt falsch. Als Bekenntnis oder als Gebet halte ich es für eine gute Möglichkeit.

 Verehrung der Engel und Heiligen

Dies ist für mich die herausforderndste und zugleich verwirrendste Tradition der katholischen Kirche. Die Verehrung von Engeln und Heiligen ist grundsätzlich abzulehnen. Allerdings gibt es in der Bibel einige Stellen, in denen Engel Ehrerbietung zuteil wird, ohne dass dies abgelehnt wird. [z.B.1.Mose 19,1]. Ein katholischer Freund erklärte mir sein Verständnis zu Heiligen zu beten so: Es ist, wie wenn Du einen guten Freund um Hilfe bei einer Angelegenheit bittest. Da ist doch auch nichts schlechtes dran. Das kann ich nicht so sehen, aber es ist ein mögliches Verständnis dafür, warum auch zu Heiligen beten kann.

 Papsttum

In mancherlei Hinsicht sicherlich sehr problematisch. Dennoch sehe ich gute Gründe dafür, einen Papst zu haben. Damit hat die katholische Kirche eine klare Glaubensausrichtung. Sie hat einen Sprecher für viele Millionen Gläubige.

Dass der Papst sich heiliger Vater nennen läßt, dass er – in besonderen Fällen – sogar Unfehlbarkeit in Anspruch nehmen kann, dass seine Füsse geküsst werden und die Anhäufung von irdischer Macht und Reichtum – sind tatsächlich schwierige Dinge. Ich persönlich würde diese Ehrenbetittelung (Heiliger Vater) nicht verwenden – gerade weil ihnen in der Bibel gewehrt wird. Die Begründung dort [Mt.23,9], nämlich dass wir nur einen Vater haben, den im Himmel, zeigt aber worauf es abzielt. Ich nenne meinen biologischen Vater ja auch Vater – oder Papa – und das tun sicher auch viele evangelikale, bibeltreue Christen. So gesehen ist es auch wieder eher eine Frage der Haltung und des Verständnisses.

 Anbetung des Kreuzes, von Reliquien…

Ehrfurcht vor den Gebeinen eines aufrichtigen Christenmenschen zu haben, halte ich nicht für falsch. Aus der Berührung derselben etwas von dem „Heiligen“ zu erwarten schon. Wobei schon bei Paulus das Berühren eines Tuches mit seinem Schweiß, Kranke geheilt hat [Apostelgeschichte 19,12]

 Fasten während den Freitagen und während der Fastenzeit

Fasten stärkt den Geist. Jesus selbst sagt selber, dass seine Nachfolger fasten werden. [Mt.9,15] Problematisch könnte man sehen, dass es dafür feste Zeiten gibt. Ein Problem sehe ich aber nicht. Es ist wie beim Gebet – feste Zeiten zu haben, können helfen sich einzustellen, es dann auch wirklich zu tun.

 Ehelosigkeit der Priester

Am Zölibat wird seit vielen Jahren Kritik geübt. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich. Mal soll das Zölibat verantwortlich dafür sein, dass katholische Priester sich an Kindern vergreifen, ein anderes Mal ist es der Grund dafür, dass es sowenig Nachwuchs gibt. Und für einige Mitmenschen ist es schlichtweg unverständlich, ja unverzeihlich, dass es Menschen gibt, die sich bewußt für so einen Lebensstil entscheiden. Relativ sicher ist, dass das Zölibat als Zwang für die Ausübung des Priesterberufes keine biblische Notwendigkeit hat. Allerdings lassen sich einige Aussagen im NT durchaus dazu herziehen, um das Zölibat zu begründen.[z.B. 1.Kor.7,32-35]

In einigen Fällen ist deutlich, dass das Zölibat dazu führt, dass außereheliche Beziehungen, aus denen sogar Kinder hervorgehen, eingegangen werden. Die Haushälterin, die zur nicht angetrauten Ehefrau wird, ist ein wenig angenehmes Schicksal. Für die Kinder noch viel weniger. Oftmals werden diese Beziehungen geduldet, ohne ihnen den rechtlichen und geistlichen Rahmen zu ermöglichen. Das ist unbarmherzig.

 Lehre – Bibel, Tradition und Entscheidung des Konzils sind verbindlich

Damit folgt die katholische Kirche einer biblischen Tradition. Denn beim sogenannten Apostelkonzil in Apostelgeschichte 15 beschrieben, werden die Entscheidungen verbindlich. Natürlich trägt sowas teilweise merkwürdige Züge. Doch auch das was die Bibel aussagt, ist zu großen Teilen gefärbt durch die Biografie und die Theologie des Schreibers – außer man geht von einer Verbalinspiration aus.

 Fazit:

Viele katholische Lehren sind nicht aus der Bibel. Deshalb müssen sie noch nicht falsch sein. Auch im Protestantismus gibt es Dinge, die nicht aus der Bibel kommen. Wesentlich muss sein, zu prüfen, ob eine Praxis im Sinne Jesu sein kann, oder nicht. Theologie und Glaube sind wesentlich von unserer Biografie beeinflusst.

Ich plädiere dazu, die Unterschiedlichen Praxen und Traditionen wahrzunehmen – aber dann, wenn beim Entscheidenden, nämlich der Glaube an Tod und Auferstehung Jesu Übereinstimmung besteht, den oder die Anderen als Geschwister zu lieben und entsprechend miteinander um zu gehen.